Radeln unter Geiern
Heute möchte ich Euch meinen Lieblings-Radweg in Andalusien vorstellen, die Vía Verde de la Sierra.
Vias Verdes
Die Vías Verdes Spaniens entstammen einem Projekt der Fundación de los Ferrocarriles Españoles (FFE, Stiftung der Spanischen Eisenbahn), mit dem Zweck, ungenutzte Bahnstrecken zu Wander- und Radwegen umzubauen und somit den Ökotourismus zu fördern. Es gibt mittlerweile zusammengefasst über 2.000 km solcher Strecken. Und allein in Andalusien gibt es 25 umgebaute Bahnlinien. Die Strecken sind für den Motorverkehr gesperrt und können nur zu Fuß, per Fahrrad oder zu Pferd genutzt werden. An den größeren Vías gibt es Fahrradverleihe oder Aktiv-Tourismus-Firmen, die geführte Touren per Fahrrad oder Pferd anbieten.
Vía Verde de la Sierra
Über die Vía Verde de la Sierra liest man oft, sie sei die schönste in ganz Europa. Ich kenne bei weitem nicht einmal alle in Andalusien, aber die Vía Verde de la Sierra ist mein absoluter Favorit unter den Radtouren. Die Route der Vía Verde de la Sierra ist ein 36 km langes Teilstück der alten Bahnlinie zwischen Jerez und Almerga, in den Provinzen Cádiz bzw. Sevilla. Diese Bahnlinie war als solche niemals in Betrieb.
Die Route verbindet die Bahnstationen der Ortschaften Puerto Serrano, Coripe und Olvera. Vor allem gefällt mir an dieser Vía Verde, dass sie sehr kurzweilig ist, weil sie durch eine wunderschöne, abwechslungsreiche Landschaft führt. Es gibt insgesamt 30 Tunnels auf dieser Strecke, mal kürzere, mal etwas längere (bis zu 1 km lang) mit Beleuchtung. Aber Achtung! Beleuchtung heißt, dass es dort Lampen gibt, die per Bewegungsmelder angeschaltet werden. Es heißt aber nicht, dass diese Beleuchtung auch funktioniert. Auf meiner ersten Tour hatte mein Fahrrad keine Lampe und bei der Hälfte der Tunnels war die Beleuchtung defekt. Unangenehm wird es, wenn man nicht einmal das Ende des Tunnels als Orientierungspunkt sieht, weil dieser nicht gerade verläuft. Gott sei Dank waren kaum Leute unterwegs (es war Sommer) und so radelte ich ganz langsam im Fledermaus-Modus weiter.
Von Endpunkt zu Endpunkt der Route hat man 294 Höhenmeter zu bewältigen. Die Station von Olvera liegt auf 449 Metern und die von Puerto Serrano auf 155 Metern. Auf meiner ersten Tour war ich in Coripe gestartet, was ungefähr in der Mitte liegt. Ich dachte mir, hochradeln und zurück runter rollen lassen klingt nach einem verlockenden Angebot. Dem war nicht ganz so, denn oft musste ich in den Tunnels ordentlich strampeln, obwohl es bergab ging. Durch die Kaminwirkung hatte ich ordentlichen Gegenwind.
Auf unserer nächsten Tour werden wir in Olvera starten, uns viel Zeit nehmen für schöne Fotos, ein ausgiebiges Picknick und viele Stopps. Einkehrmöglichkeiten gibt es zudem in den Bahnstationen von Olvera, Coripe und Puerto Serrano. Und wir werden dem alten Chaparro de la Vega, einer über 200 Jahre alten Steineiche riesigen Ausmaßes (hinter der Station Coripe), unsere Aufwartung machen. Diesmal werden wir die Strecke komplett abradeln, aber nur one-way. Von Puerto Serrano fahren wir dann mit dem Taxi zurück. Es gibt speziell ausgerüstete Taxis, die Fahrräder und bis zu vier Personen transportieren. Die Fahrt von Puerto Serrano nach Olvera kostet aktuell 45.- €. Diese sollte man aber vorab reservieren, genauso wie die Fahrräder, wenn man sich welche leihen möchte. Der Fahrradverleih (siehe unten) gibt Auskunft über die Taxis.
Dort erhält man auch die Telefonnummer der Routen-Patrouille. Diese kann man kontaktieren, wenn man eine Radpanne hat oder sonstwie Hilfe benötigt. Als ich damals unterwegs war, bestand diese aus jungen Freiwilligen, die mit einem Rucksack voller Werk- und Flickzeug ausgestattet die Route entlang radelten.
Unter Geiern
Und es gibt noch eine weitere Besonderheit, die die Vía Verde de la Sierra so interessant macht. Ungefähr auf halber Strecke liegt das Naturreservat Peñón de Zaframagón, ein gewaltiger Felsen in den Ausläufern der Sierra de Grazalema. Das Naturreservat ist klein in seinen Ausmaßen, doch groß in seiner Bedeutung für Flora und Fauna. Unter anderem beherbergt es die größte Gänsegeier-Kolonie Europas. Aber auch Bienenfresser, Schlangenadler, Schmutzgeier, Uhus, Rötelfalken, Wanderfalken, Eisvögel und Graureiher sind hier zu Hause. Die beste Aussicht auf den Felsen hat man vom Viadukt von Zaframagón aus über den Canyon von Guadalporcún, von den Einheimischen auch „El Estrechón“ genannt. Ferner gibt es eine Route, die um den Peñón de Zaframagón herum führt und besonders für Vogelkundler und Naturfotografen interessant ist. Die alte Bahnstation Zaframagón dient als Besucherzentrum und Informationsstelle (Info-Flyer). Dort kann man über Kameras, die oben im Berg installiert sind, auf Bildschirmen die Geier beobachten.
Unterkünfte und Fahrradverleih
Wer die Vía Verde de la Sierra erkunden möchte, dem bietet sich als Übernachtungsmöglichkeit das Hotel Sierra y Cal in Olvera an. Ein ordentliches, einfaches Hotel mit sehr gutem Restaurant (Abendessen). Das Frühstück dagegen ist recht schlicht gehalten. Alternativ gibt es die zu Apartments umgebauten Waggons, direkt an der alten Bahnstation von Olvera, unweit des Dorfes. Hier kann man auch Fahrräder mieten, sicherheitshalber über eine Reservierung im Voraus (Webseite). Die ideale Besuchszeit ist von Herbst bis Frühjahr.
Zusammengefasst
Die Vía Verde de la Sierra ist ein Radwanderweg für die ganze Familie. Die beste Jahreszeit für eine Radtour ist von September bis Mai. Man kann die komplette Strecke (einfach) bequem an einem Tag radeln und sich mit dem Taxi samt Fahrrad wieder zurück bringen lassen. Doch auch wenn es von Olvera nach Puerto Serrano laut Höhenprofil ständig bergab geht, muss man mit käftezehrenden Abschnitten durch Gegenwinde speziell in den Tunnels rechnen.
Habt Ihr Fragen zu der Vía Verde?
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Ich freue mich über Eure Kommentare, Fragen, Tipps und Anregungen!
Vielen Dank für den schönen Bericht. Wir waren gerade die V.V. Aceite gefahren, die ich persönlich für noch netter halte (wegen des ‚radwegigeren‘ Charakter, der vielen Bahnhöfe und besseren Beläge) und Danach waren wir auf der Suche nach mehr. Daher hat dein Bericht uns zur V.V. Sierra gebracht und sie ist wirklich sehr schön. Wir haben alles mitgenommen, samt Panne und Hilfe durch die Freiwilligen. Haben allerdings keinen Gegenwind im Tunnel gehabt, ist wohl wetterbedingt. Die Geier sind beeindruckend und da wir eine ganze Woche vor Ort waren, konnten wir uns dennoch nie satt sehen. Vielen Dank für deinen Bericht.
Hallo Björn, freut mich, dass euch die Tour gefallen hat. Ich war auch gerade kürzlich wieder dort. Hatte diesmal auch keine Probleme mit Gegenwind ;) Man sieht leich auch, dass momentan kein Geld für die Instandhaltung der Strecke da ist. Die Vía Verde del Aceite werde sicherlich auch bald mal machen, wenn man sich wieder frei bewegen kann in Andalusien.
Lieber Jürgen,
Wir sitzen gerade vollkommen verzückt in Puerto Serrano am Ende unserer Tour entlang der Via Verde de La Sierra – und das ist Dein Verdienst ? Wir haben alle möglichen Reiseführer gekauft und gesichtet, aber nirgends war dieser tolle Tipp zu finden. Und es ist wirklich eine fantastische Tour, übrigens mit funktionierenden Leuchtanlagen und frisch präparierten Pisten. Herzlichen Dank für Deinen Bericht und Deine Empfehlung!
Jochen & Petra
Hallo Jochen, Hallo Petra,
das freut mich sehr, dass Euch der Beitrag zu einem schönen Urlaubserlebnis verholfen hat. Ich wünsche Euch noch eine schöne Zeit.
LG, Jürgen
Hi Jürgen,
Ich radelte die Strecke neulich mit einem Freund hin und zurück. Die Strecke ist aufgrund der Natur spektakulär. Auch die unzähligen Geier über den Felsen waren beeindruckend. Mit so vielen Tunneln hätte ich jedoch nicht gerechnet. Zum Glück funktionierten bei unserer Tour aber die Beleuchtungen.
saludos,
Mike
Hi Mike, da beneide ich Dich, ich war schon länger nicht mehr dort.
LG, Jürgen