Wenn man Urlaub an der Costa del Sol oder der Costa de la Luz macht, kommt es nicht selten vor, dass man freien Blick auf die Küste Nordafrikas hat. Da stellt sich buchstäblich naheliegenderweise die Frage, ob man nicht einmal einen Ausflug nach Tanger unternehmen sollte. Diesen kann man auf eigene Faust unternehmen (so hatte ich es getan), mit der Fähre ab Algeciras oder Tarifa, oder aber man schließt sich einer Reisegruppe an. Die Überfahrt ab Algeciras dauert ca. 2,5 – 3,5 Std., je nach Wetter. Schneller geht es mit der Fast-Ferry ab Tarifa (ca. 35 Minuten).
Tanger damals
Tanger war schon immer ein beliebtes Ziel der reisenden Europäer und Amerikaner. Die Freizügigkeit der Stadt in den 1940er- und 1950er-Jahren machte sie zu einem Magneten für europäische und amerikanische Schriftsteller, für „Aussteiger“ und Außenseiter jeder Art. In den 1960er- und 1970er-Jahren erlebte Tanger eine zweite literarische Blüte als „Mekka“ von Schriftstellern der neu entstandenen Popliteratur. Paul Bowles, Jane Bowles, Tennessee Williams, Jack Kerouac, Muhammad Asad, Truman Capote und William S. Burroughs waren einige von ihnen. Auch Marokkos wohl berühmtester Schriftsteller, Mohamed Choukri, lebte hier. Er verarbeitete seine, teils sehr heftigen, Erfahrungen als armer Heranwachsender im Tanger der 1950er-Jahre in seinem (absolut lesenswerten) Roman „Das nackte Brot“ (arabisch „al-Chubs al-hafi“).
Die Stadt Tanger
Die Kasbah mit ihren engen Gassen, das Zentrum der Medina, nimmt den höchsten Punkt der Altstadt Tangers ein. Darunter liegt die Neustadt, deren Zentrum die Place Mohammed V bildet. Dort findet Ihr das Café de Paris, das älteste Café der Neustadt und Treffpunkt vieler Einheimischer und Ausländer. Bekannt und sehenswert ist auch die Faulenzerterrasse (terrasse des paresseux). Dort sitzen die jungen Marokkaner und träumen von der Überfahrt nach Europa, das von hier aus zum Greifen nahe scheint. Von der Terrasse aus habt Ihr bei entsprechender Sicht einen herrlichen Blick auf die Meerenge, Tarifa und Gibraltar. Ein weiterer emblematischer Ort ist das Café Hafa, unterhalb der Straße Mohammed Tazi, etwas außerhalb der Medina im Nordwesten der Stadt. Ein absolut ruhiger, chilliger Ort, hauptsächlich aus Terrassen bestehend und mit wunderschönem Blick auf die Meerenge. Das Café gibt es seit 1921, und schon damals kamen Paul Bowles und später die Rolling Stones gerne zum kiffen hier her. Beide Cafés (Paris und Hafa) waren schon mehrfach Schauplätze in bekannten Kinofilmen.
Tanger heute
Wer nach Tanger reist, dem sollte bewusst sein, dass es, wenn es auch so nahe ist, eben in Afrika liegt, in einem Land (Marokko), in dem es noch viel Armut gibt. Zudem ist der Norden Marokkos (immer noch) geprägt vom Haschisch-Handel, was mit sich bringt, dass es dort auch viele Strolche gibt. Die Leute hier sind nicht zu vergleichen mit den Marokkanern aus Fes oder gar Marrakesch. Sie erscheinen mir viel härter und weniger freundlich.
Auf der anderen Seite erlebt Tanger gerade einen großen Wandel. Ein riesiger neuer Hafen wurde gebaut und viele internationale Firmen lassen sich dort nieder. Der aktuelle König ist ein Fan von Tanger und tut viel für die Stadt. Auch die Kultur gewinnt wieder an Bedeutung. So gibt es z.B. alljährlich ein bedeutendes Filmfestival.
Tagesausflüge mit Reiseleiter
Einen Ausflug nach Tanger ab Málaga, Torremolinos, Marbella könnt Ihr z.B. hier online buchen. In Tanger werden die Gruppen nach ihrer Sprache aufgeteilt, und jede Gruppe bekommt ihren einheimischen Führer. In Marokko kann kaum einer von seinem Lohn leben, so auch nicht Euer Guide. Er muss sich also etwas dazu verdienen. Dies tut er, indem er Euch in Läden führt, in denen er vom Inhaber eine Kommission bekommt. Das ist an sich nicht verwerflich, solange der Besuch von Läden nicht zum Hauptteil des Ausfluges wird. Wenn es dazu kommen sollte, solltet Ihr energisch darauf hinweisen, dass Ihr auch noch etwas anderes sehen wollt. Dann läuft das auch.
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Fazit
Diese Bericht ist nicht gerade eine Lobeshymne auf Tanger. Ich muss allerdings zugeben, dass es schon etwas länger her ist (2007), dass ich in Tanger war. Meine Erfahrungen sind also nicht mehr tagesaktuell. Meine nächste Reise dorthin wird voraussichtlich im Frühjahr 2015 sein, dann werde ich mich ganz auf die schönen Seiten von Tanger konzentrieren und viele schöne Fotos schießen.
Tanger ist auch Marokko, aber keinesfalls repräsentativ für Marokko. Dennoch ist es eine Stadt mit viel Geschichte, die es wert ist, erkundet zu werden. Und wenn man weiß, was einen mehr oder weniger erwartet, gibt es auch keine Enttäuschungen. Man kann sich ganz den Vorzügen dieser Stadt widmen. Ein weiteres interessantes Reiseziel ist Chefchaouen (siehe Beitrag), die blaue Perle Nordmarokkos, ideal für Marokko-Einsteiger.
Hier gleich noch ein weiterer Buchtipp für diejenigen, die mehr über Marokko erfahren möchten, halb informatives Sachbuch, halb spannende und amüsante Erzählung: „Unterwegs in Marokko. Reiseroman“ (Iatros-Verlag, Potsdam).
Bitte beachtet die Hinweise zu den Einreisebedingungen.
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Wart Ihr schon einmal in Tanger?
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Ich freue mich über Eure Kommentare, Fragen, Tipps und Anregungen!
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